So kurz nach Beginn des meteorologischen Frühlings muss man bei der aufknospenden Natur noch sehr genau hinschauen, um ihren Reichtum zu erkennen. Wie gut versteckte Ostereier wirken die ersten
Krokusse mit ihren violetten oder gelben Blüten inmitten der herbstlichen und winterlichen Altlasten in Form von Blättern und Streugut. Doch bald, mit den ersten etwas kräftigeren Sonnenstrahlen,
werden Hausbesitzer ihre Vorgärten wieder auf Vordermann bringen. Eine Sache, die beim großen Frühlingsputz allerdings so unansehnlich bleiben wird wie schon vor dem Winter, ist meistens der
Carport.
Theoretisch hat sich ja auf dem Gebiet der Autohäfen in den vergangenen Jahren einiges getan. Hersteller wie Overmann bieten wahre Schmuckstücke von der Stange: schlichte, filigrane
Stahlkonstruktionen, Seitenwände aus edlen Holzlamellen oder Glas – alles wunderbar auf das Wesentliche reduziert. „Etwas Besonderes für Individualisten”, wie der Geschäftsführer Achim Wolf in
einem Gespräch betont. Oder die Einzelstücke von Architekten, die neben ihre Bau-Häuser großflächige Würfel stellen, die fast zu schade sind, um nur das Familienvehikel zu beherbergen. Nur, wo
stehen diese modernen Augenweiden?
Offenbar schaffen es nur die wenigsten dieser schmucken Kleinbauten aus den Katalogen in die Realität, wie ich bei einem Besuch in meiner Heimat, einer 40 000-Einwohner-Stadt im südlichen
Niedersachsen, feststellen musste. Obwohl die Nähe zu einer florierenden Autofabrik die Gegend relativ wohlhabend machte, immer neue Baugebiete entstehen und auch im älteren Stadtkern
ununterbrochen modernisiert wird. Dass Geld nicht zwangsläufig mit gutem Geschmack einhergeht, bemerke ich gleich bei meinem ersten Streifzug durch die Gemeinde.
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Carport: Zierde für jeden Garten (Foto: Gewa) |
Neben einem stattlichen Rotklinkerbau mit fünf Erkern steht ein Carport-Traum aus dunklem Tropenholz. Das kunstvoll geschnitzte Balken-Gewirr unterm Spitzdach ist in seiner Originalität irgendwo
zwischen Oberbayern und Bali anzusiedeln. Interessant, denke ich. Nach wenigen Metern treffe ich auf niedersächsische Architektur: ein Fachwerkhaus im Miniformat, im Prinzip eine verkleinerte
Ausgabe des Hauptgebäudes. Ringsum geschlossen, nur vorn offen, denn sonst hätte es ja auch eine Art Garagen-Schuppen werden können. Bei näherem Hinsehen stellt sich dann aber heraus, dass weder
die Holzständer des Autohauses noch das Mauerwerk dazwischen zum Fachwerk des Wohnhauses passen.
Etwas entmutigt wechsele ich das Terrain und sehe mich bei den sogenannten Millionärsvillen der Region um. Hier treffe ich auf enorme Ausmaße und viel Weiß. Mit fällt besonders ein Modell mit
üppigem Flechtwerk ins Auge, auf dessen Kopf eine ziemlich zersauste Frisur aus vertrockneten Gräsern und viel Moos sitzt: die Überreste eines vollökologischen begrünten Daches, wahrscheinlich im
Do-it-yourself-Verfahren angelegt.
Warum verschmähen die Hausbesitzer die eleganten und qualitativ hochwertigen Kuben? „Das Interesse ist da, aber wenn die Leute dann den Preis erfahren, ab 6000 Euro, entscheiden sie sich anders”,
sagt ein Kenner der Szene. Er mutmaßt, dass sie dann lieber zum Baumarkt fahren, wo ein Carport weniger als 1000 Euro kostet. Vielleicht sollten die Interessenten lieber ein wenig an der
Ausstattung ihres Autos sparen – einen kleineren Motor wählen oder weniger elektronischen Schnickschnack? – und stattdessen etwas mehr in die Behausung stecken. Das wäre eine Wohltat für die
Augen. Deswegen unser Aufruf: Besitzer von schönen Carports mögen sich bitte melden, am liebsten mit einem Foto. Wir werden die schönsten an dieser Stelle veröffentlichen.
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